Warum ein Kind Bewegung braucht - Immer auf der Suche nach den Ursachen für Lern- und Verhaltensauffälligkeiten, betrachten wir in unserer Praxis die individuellen Lernvoraussetzungen, die jeder Mensch durch seine früheste motorische Entwicklung im Mutterleib und in den ersten Lebensjahren erwirbt und einübt. Die frühkindlichen Reflexe spielen in diesem Prozess eine entscheidende Rolle. Neben der Sicherung des Überlebens in den ersten Lebensmonaten, stellt die Reflexmotorik das erste Bewegungsvokabular und bahnt alle Bewegungen an, die nach erfolgter Reifung der Großhirnrinde bewusst und gesteuert ausgeführt werden können. Sie bereiten die reiferen Halte- und Stellreaktionen vor. Bleiben die frühkindlichen Reflexe über den normalen Zeitpunkt hinaus aktiv, können sie ein „normal“ erscheinendes Kind in den unterschiedlichen Bereichen seiner Entwicklung (Bewegung, Wahrnehmung, Verhalten, Lernen) empfindlich beeinträchtigen.[1] Entscheidende Auswirkungen hat das vor allem auf den Gleichgewichtssinn, dem eine Schlüsselrolle in der Entwicklung und Erhaltung aller Wahrnehmungssysteme zukommt.
Mit dem Wissen über die Bausteine der motorischen Entwicklung des Menschen können wir in unserer Praxis diese Entwicklungsbesonderheiten und Möglichkeiten unserer Schützlinge besser verstehen und beurteilen. Deshalb haben im Anamnesegespräch mit den Eltern die vorgeburtliche Zeit, die Geburt an sich und die ersten 18 Lebensmonate einen hohen Stellenwert.
Wenn sich zeigt, dass relevante Bereiche für Lernen, Leisten und Verhalten durch bestehende frühkindliche Reflexe beeinträchtigt werden, bieten wir die Neurophysiologische Entwicklungsförderung an. Mit aufeinander aufbauenden motorischen Übungen, die täglich gemeinsam mit den Eltern durchzuführen sind, reifen die Reflexe aus und werden dann durch reifere Strukturen abgelöst. Eine solche Therapie kann ca. 18 Monate dauern. Bei Bedarf kann sie parallel zu einer Lerntherapie stattfinden.
[1]Vgl. Goddard, 2003, S. 13